RC-Schaltung: Kondensator aufladen und entladen
Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine RC-Schaltung? Hier lernst du, was wie ein RC-Schalkreis aufgebaut ist und wie dieser funktioniert.
- Aufladevorgang: Kondensator wird geladen Hier wird die Formel für die Spannung und Strom am Kondensator hergeleitet und erklärt und zwar während der Kondensator aufgeladen wird.
- Entladevorgang: Kondensator wird entladen Hier wird die Formel für die Spannung und Strom am Kondensator hergeleitet und erklärt und zwar während der Kondensator entladen wird.
RC-Schaltung ist eine nützliche Komponente, der du in der Elektronik oft begegnen wirst. Zum Beispiel kommen sie als sogenanntes Tiefpass-Filter zum Einsatz, mit dem du hohe Frequenzen der angelegten Wechselspannung ausfiltern kannst. 'Tiefpass' bedeutet quasi, dass tiefe Frequenzen durchgelassen und hohe Frequenzen der Wechselspannung blockiert werden. Weitere Anwendungen eines RC-Schaltkreises sind zum Beispiel:
Erzeugung einer sägezahnförmigen Spannung
Blinkeinrichtung eines Autos
Elektronischer Herzschrittmacher
Was ist eine RC-Schaltung?
Das 'R' steht für den Widerstand (auf Englisch: Resistor) und das 'C' steht für den Kondensator (auf Englisch: Capacitor). Eine RC-Schaltung ist also eine einfache Widerstand-Kondensator-Schaltung. Der Widerstand und der Kondensator sind in Reihe angeschlossen.
In der Illustration 1 bzw. 2 siehst du eine solche RC-Schaltung. Ein mit einem Widerstand geschalteter Kondensator ist ohne eine angelegte Spannung natürlich nutzlos. Deshalb hat der Schaltkreis auch einen Schalter, der nach links oder nach rechts geschaltet werden kann.
Wird der Schalter nach links geschaltet, so wird an das RC-Glied eine konstante Spannung \(U_0\) angelegt (Illustration 1). Es fängt ein elektrischer Strom \(I(t)\) (ein Ladestrom) durch den Widerstand und Kondensator zu fließen. Der Strom nimmt mit der Zeit ab. Die Spannung \(U_{\text C}(t)\) am Kondensator, die am Anfang Null war, nimmt dagegen mit der Zeit zu und zwar solange, bis der Kondensator vollständig auf den Wert \(U_0\) aufgeladen ist.
Wird der Schalter nach rechts geschaltet, so wird der Kondensator über den Widerstand wieder entladen (Illustration 2). Der fließende Strom \(I(t)\) (ein Entladestrom) ist in dem Moment, zu dem der Schalter gerade betätigt wurde, maximal und nimmt mit der Zeit ab, bis dieser Null wird, sobald der Kondensator vollständig entladen ist. Die Spannung \(U_{\text C}(t)\) am Kondensator nimmt ebenfalls mit der Zeit ab.
Aufladevorgang: Kondensator wird geladen
Sobald der Schalter nach links geschaltet wird, wird an den Widerstand und den Kondensator (RC-Glied) sofort eine konstante Spannung \(U_0\) (Quellspannung) angelegt. Das ist die Gesamtspannung, die ununterbrochen am RC-Glied anliegt. Doch, wie sieht es mit dem Strom \(I\) aus, der durch das RC-Glied fließt? Und, wie sieht es mit der Spannung \( U_{\text R} \) am Widerstand und der Spannung \( U_{\text C} \) am Kondensator einzeln aus?
Differentialgleichung für den Ladestrom aufstellen
Um diese drei Größen genau zu untersuchen, benutzen wir die Maschenregel (2. Kirchoff-Regel). Nach der Maschenregel muss die Summe aller vorzeichenbehafteten Spannungen Null sein. In unserem Fall ist die Quellspannung \(U_0\) die Gesamtspannung. Das heißt die Spannung \( U_{\text R} \) am Widerstand und die Spannung \( U_{\text C} \) am Kondensator bilden zusammen diese Gesamtspannung:
Die Quellspannung \(U_0\) ist uns bekannt, weil wir sie selbst einstellen. Die Spannungen \(U_{\text R}\) und \(U_{\text C}\) sind uns dagegen nicht bekannt. Deshalb müssen wir sie versuchen anders auszudrücken.
Nach dem Ohmschen Gesetz können wir die Spannung \( U_{\text R} \) am Widerstand \(R\) mithilfe des Stroms \(I\) ausdrücken, der durch den gesamten Schaltkreis fließt:
Für den Kondensator, der die elektrische Kapazität \(C\) hat, gilt für die Ladung \(Q\) auf seinen Kondensatorplatten: \(Q = C \, U_{\text C} \). Wenn wir diese Formel nach \( U_{\text C} \) umstellen und in 2
einsetzen, bekommen wir:
Gewonnen haben wir noch nicht viel, da auch \(I\) und \(Q\) unbekannt sind. Doch jetzt kommt der entscheidende Schritt: Wir sehen im Experiment, dass der Strom \(I\) zeitabhängig ist: \(I(t)\). Damit muss die Ladung \(Q\) auf den Kondensatorplatten mit der Zeit zunehmen. Die Ladung muss also auch irgendwie zeitabhängig sein: \(Q(t)\). Wir wissen nur noch nicht wie! Um diese Zeitabhängigkeit genau herauszufinden, müssen wir die aufgestellte Gleichung 3
in eine Differentialgleichung verwandeln. Dazu leiten wir die gesamte Gleichung nach der Zeit \(t\) ab:
\frac{\text{d} U_0}{\text{d}t} &~=~ \frac{\text{d}}{\text{d}t} \, R\, I(t) ~+~ \frac{\text{d}}{\text{d}t} \, \frac{Q(t)}{C} \\\\
0 &~=~ R \, \frac{\text{d}}{\text{d}t} \, I(t) ~+~ \frac{1}{C} \, \frac{\text{d}}{\text{d}t} \, Q(t) \end{align} $$
Da die konstante Spannung \(U_0\) zeitunabhängig ist, fällt ihre Ableitung weg. Der Widerstand \(R\) ist ebenfalls konstant, deshalb dürfen wir diesen vor die Zeitableitung ziehen. Das gilt auch für die Kapazität \(C\). Die Zeitableitung der Ladung \(Q(t)\) ist genau die Definition des Stroms \(I(t)\):
Lass uns noch für die etwas kompaketere Darstellung die ganze Gleichung durch \(R\) teilen und die Zeitableitung auf die linke Seite bringen:
Wir haben durch die Zeitableitung eine sogenannte homogene lineare Differentialgleichung 1. Ordnung für den Strom \(I(t)\) erhalten. Wenn wir diese Differentialgleichung lösen, dann bekommen wir heraus, wie der Strom \(I(t)\) genau von der Zeit \(t\) abhängt. Wir können beispielsweise die Lösungsmethode 'Trennung der Variablen' aus der Mathematik benutzen, um diese Differentialgleichung zu lösen. Zu der Differentialgleichung brauchen wir noch eine sogenannte Anfangsbedingung, damit unsere Lösung für den Strom eindeutig wird. Der Strom \(I_0\) zum Zeitpunkt \(t = 0\) entsprach dem Wert, der durch unsere Quellspannung vorgegeben ist: \( I_0 ~=~ \frac{U_0}{R} \). Und das ist unsere Anfangsbedingung.
Strom beim Aufladen
Die Lösung der DGL 6
zusammen mit der dazugehörigen Anfangsbedingung, ergibt eine Formel für den Strom \(I(t)\), mit \(I_0 ~=~ \frac{U_0}{R}\):
Das ist der Ladestrom, der durch den Widerstand und Kondensator fließt, sobald wir den Schalter nach links schalten, also quasi die Spannung \(U_0\) an das RC-Glied anlegen. Der Strom nimmt exponentiell ab. Das kannst du direkt an dem Minuszeichen in der Exponentialfunktion erkennen. Wenn du die Funktion \(I(t)\) in einem Strom-Zeit-Diagramm aufzeichnest, bekommst du so ein Diagramm:
Aus dem Diagramm können wir folgende Informationen über den Strom ablesen:
Zum Zeitpunkt \(t = 0\) (d.h. zum Zeitpunkt des Einschaltens) hatte der Strom seinen maximalen Wert \( I_0 = \frac{U_0}{R} \). Wir können diesen maximalen Wert beeinflussen, indem wir also einen anderen Widerstand \(R\) oder eine andere Spannung \(U_0\) wählen.
Der Strom \(I(t)\) sinkt mit der Zeit exponentiell auf Null. Sobald der Strom praktisch Null ist, erwarten wir, dass der Kondensator vollständig aufgeladen ist.
Wenn du dir die Exponentialgleichung 7
für den Strom genau anschaust, dann siehst du, dass im Exponenten der Faktor \(\frac{1}{RC}\) vorkommt. Wir bezeichnen das Produkt \(R\,C\) als Zeitkonstante. Sie heißt so, weil sie die Einheit der Zeit hat und, weil sie eine Konstante ist, da sowohl \(R\) als auch \(C\) konstant sind. Wir können uns beispielsweise die Frage stellen:
Wie groß ist der Strom, wenn die Zeit \( t = R\,C\) vergangen ist?
Setzen wir diese Zeit doch einfach mal in die Formel 7
ein:
&~=~ \frac{U_0}{R} \, \mathrm{e}^{-1} \\\\
&~\approx~ \frac{U_0}{R} \, 0.37 \\\\ \end{align} $$
Antwort: Nach der Zeit \( t = R\,C\) sinkt der Strom auf 37% von dem maximalen Wert \(\frac{U_0}{R}\).
Mit dieser Zeitkonstanten \(R\,C\) können wir praktisch die Steigung der Exponentialfunktion an unsere Bedürfnisse anpassen.
Wenn du möchtest, dass der Kondensator zum Aufladen länger braucht, dann musst du den Widerstand \(R\) bzw. Kapazität \(C\) möglichst GROß wählen, damit die Zeitkonstante \(R\,C\) ebenfalls möglichst groß wird. Durch eine größere Zeitkonstante wird die Exponentialfunktion flacher und der Strom sinkt langsamer auf Null. Der Kondensator wird deshalb langsamer aufgeladen.
Wenn du dagegen möchtest, dass der Kondensator so schnell wie möglich aufgeladen wird, dann musst du den Widerstand \(R\) bzw. Kapazität \(C\) möglichst KLEIN wählen, damit die Zeitkonstante \(R\,C\) auch möglichst klein wird. Durch eine kleinere Zeitkonstante wird die Exponentialfunktion steiler und der Strom sinkt schneller auf Null. Der Kondensator wird deshalb schneller aufgeladen.
Eine Quellspannung von \(U_0 = 1 \, \text{kV}\) wird an den Widerstand \(R = 2 \, \text{k}\Omega \) und den Kondensator der Kapazität \( C = 1 \, \mathrm{\mu F} \) angelegt. Wie groß ist der Ladestrom nach \( t = 0.01 \, \text{s}\)?
Die Zeitkonstante beträgt:
&~=~ 0.002 \, \text{s} \end{align} $$
Damit ist der Ladestrom nach 0.01 Sekunden:
& ~=~ 0.003 \, \text{mA} \end{align} $$
Spannung am Kondensator beim Aufladen
Wie sieht es mit der Spannung \( U_{\text C} \) am Kondensator aus, wenn der Kondensator aufgeladen wird? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir lediglich die zuvor hingeschriebene Gleichung 2
für die Gesamtspannung benutzen:
Hierbei wurde das Ohmsche Gesetz \( R\, I(t) \) für \(U_{\text R}(t)\) eingesetzt. Stellen wir die Gleichung 11
nach der Kondensatorspannung um und setzen die Exponentialfunktion 7
für den Strom ein:
&~=~ U_0 ~-~ R\, \frac{U_0}{R} \, \mathrm{e}^{-\frac{t}{R\,C}} \end{align} $$
Wenn wir jetzt nur noch den Widerstand \(R\) kürzen und die Quellspannung \(U_0\) ausklammern, bekommen wir die zeitabhängige Spannung am Kondensator:
Wir können die Kondensatorspannung in einem Spannung-Zeit-Diagramm veranschaulichen:
Am Diagramm können wir folgende Informationen herauslesen:
Die Kondensatorspannung \(U_{\text C}(t)\) nimmt mit der Zeit zu. Das heißt, die angelegte Quellspannung \(U_0\) ist nicht sofort zwischen den Kondensatorplatten vorhanden.
Die Kondensatorspannung \( U_{\text C}(t)\) erreicht irgendwann praktisch einen Sättigungswert, nämlich die vorgegebene Quellspannung \(U_0\). Dann ist der Kondensator vollständig aufgeladen.
Eine Quellspannung von \(U_0 = 1 \, \text{kV}\) wird an den Widerstand \(R = 2 \, \text{k}\Omega \) und den Kondensator der Kapazität \( C = 1 \, \mathrm{\mu F} \) angelegt. Wie groß ist die Kondensatorspannung nach \( t = 0.01 \, \text{s}\) des Aufladens?
Die Zeitkonstante haben wir schon in 9
ausgerechnet: \( R \, C = 0.002 \, \text{s} \). Damit ist die Kondensatorspannung nach 0.01 Sekunden:
&~=~ 6.7 \, \text{V} \end{align} $$
Spannung am Widerstand beim Aufladen
Wie sieht es mit der Spannung \(U_{\text R}(t)\) am Widerstand aus, während der Kondensator aufgeladen wird? Dazu müssen wir lediglich die herausgefundene Kondensatorspannung 13
in die Spannungsgleichung 1
einsetzen:
Stelle nach \(U_{\text R}(t)\) um und klammere \(U_0\) aus:
&~=~ U_0 \left( 1 ~-~ \left( 1 ~-~ \mathrm{e}^{-\frac{t}{R\,C}} \right)\right) \\\\
&~=~ U_0 \left( 1 ~-~ 1 ~+~ \mathrm{e}^{-\frac{t}{R\,C}} \right) \end{align} $$
Die 1 hebt sich weg und du bekommst:
Beim Aufladen sinkt der Strom \( I(t)\) sinkt von \(I_0 = \frac{U_0}{R}\) exponentiell auf Null ab.
Die Spannung \( U_{\text R}(t)\) am Widerstand sinkt von \(U_0\) exponentiell auf Null ab.
Die Spannung \( U_{\text C}(t)\) am Kondensator steigt vom Wert Null auf den durch die Quellspannung vorgegebenen Sättigungswert \(U_0\) an.
Entladevorgang: Kondensator wird entladen
Kommen wir nun zum Entladevorgang. Nachdem wir den Kondensator geladen haben, können wir diesen wieder entladen, indem wir den Schalter nach rechts schalten. Dann wird das RC-Glied quasi kurzgeschlossen. Es fließt am Anfang ein Entladestrom \( I_0 ~=~ \frac{U_0}{R} \) in die entgegengesetzte Richtung und dieser sinkt, wie beim Ladevorgang, exponentiell ab:
Der Strom \(I(t)\) fließt beim Entladen entgegengesetzt zum Strom beim Aufladen. Das berücksichtigen wir mit dem Minuszeichen vor dem \(I_0\). (\(I_0\) ist der Betrag des Anfangsstroms und ist hier stets positiv.) Ansonsten verhält sich der Strom beim Entladen genauso wie beim Aufladen. Wir können natürlich auch das Minuszeichen weglassen, wenn uns nicht interessiert, dass der Strom jetzt andersherum fließt.
Um die Spannung \(U_{\text R}(t)\), die am Widerstand abfällt, zu erhalten, müssen wir nach dem Ohmschen Gesetz lediglich die Gleichung 18
mit dem Widerstand \(R\) multiplizieren, denn \( U_{\text R}(t) ~=~ R \, I(t)\):
Hierbei ist \( U_0 = R \, I_0 \). Auch hier kommt das Minuszeichen vor. Das heißt, dass beim Entladen die Polarität der Spannung am Widerstand genau entgegengesetzt zur Spannung beim Aufladen ist. Ansonsten hat sich für \(U_{\text R}(t)\) nichts verändert: Die Spannung \(U_{\text R}(t)\) am Widerstand sinkt genauso exponentiell ab, wie beim Aufladen.
Wenn wir die Maschenregel benutzen, dann bekommen wir eine Gleichung für Spannungen beim Entladen:
Wenn wir jetzt die Spannung \(U_{\text R}(t)\) einsetzen und nach \(U_{\text C}(t)\) umstellen, bekommen wir:
Der Unterschied zur Kondensatorspannung beim Ladevorgang ist, dass die Spannung am Anfang, d.h. zum Zeitpunkt \(t = 0\), nicht Null ist, sondern den Wert \(U_0\) hat. Die Kondensatorspannung fällt exponentiell ab.
Beim Entladen sinkt der Strom \( I(t)\) (entgegengesetzt zum Strom beim Laden) vom Wert \(-I_0\) auf Null ab.
Die Spannung \( U_{\text R}(t)\) am Widerstand sinkt exponentiell vom Wert \(-U_0\) auf Null ab.
Die Spannung \( U_{\text C}(t)\) am Kondensator sinkt exponentiell vom Wert \(U_0\) auf Null ab.
Nun weißt du, was mit der Spannung und dem Strom durch den Widerstand und Kondensator zeitlich passiert, wenn der Kondensator geladen oder entladen wird. Weißt du was mit der Spannung und dem Strom am Kondensator passiert, wenn der in einem Wechselstromkreis ist?