Kronecker-Delta: 4 Rechenregeln und Du bist Pro!
Level 3
Definition
Das Kronecker-Delta ist folgendermaßen definiert:1\[ \delta_{ij} ~=~ \begin{cases} 1 &\mbox{wenn } i=j \\ 0 &\mbox{wenn } i \neq j \end{cases} \]
1ist:
- \( \delta_{11} ~=~ 1 \)
- \( \delta_{23} ~=~ 0 \)
- \( \delta_{23} \, \delta_{11} ~=~ 1*0 ~=~ 0 \)
Diese vier Gleichungen können mit dem Kronecker-Delta \(\delta_{ij}\) zu einer einzigen Gleichung zusammengefasst werden:\[ \langle i | j \rangle ~=~ \delta_{ij} \]Dem Kroncker-Delta wirst du überall in der theoretischen Physik begegnen. Deswegen lohnt es sich, zu verstehen, wie es funktioniert.
Summenkonvention: für die Kompaktheit
Das Summenzeichen erscheint immer dann, wenn zwei gleiche Indizes (z.B. \( i \)\( i \)) auftauchen. Zur kompakteren Schreibweise verwendest Du die Einsteinsche Summenkonvention: Über doppelt auftretende Indizes in einem Produkt wird summiert; das Summenzeichen lässt Du einfach weg: 2 \[ \underset{i=1}{\overset{3}{\boxed{+}}} \, a_i \, b_i ~\rightarrow~ a_i \, b_i \]
Der Vorteil der Einsteinschen Summenkonvention - neben der Kompaktheit - ist die formale Kommutativität (Vertauschen ist erlaubt). Zum Beispiel darfst Du den Ausdruck \( \varepsilon_{ijk} \, \boldsymbol{\hat{e}}_{i} \, s_j \, \delta_{km} \) nach Deinem Wunsch in einer anderen Reihenfolge aufschreiben \( \varepsilon_{ijk} \, \delta_{km} \, \, s_j \, \boldsymbol{\hat{e}}_{i} \), um beispielsweise besser zu sehen, was gekürzt oder weiter zusammengefasst werden kann.
Es gibt jedoch Außnahmen, zum Beispiel beim Differentialoperator \( \partial_j \), der auf alle Nachfolger wirkt. Du darfst also Ausdrücke, die hinter dem Differentialoperator stehen, nicht davor ziehen und andersherum (Du darfst ja nicht etwas vor die Ableitung ziehen, was abgeleitet werden soll...). Aber - solange die Ausdrücke vor oder hinter dem Differentialoperator bleiben, darfst Du sie natürlich untereinander vertauschen: \( \partial_j \, s_j \, \delta_{km} \, \boldsymbol{\hat{e}}_{i} ~=~ \partial_j \, \delta_{km} \, \boldsymbol{\hat{e}}_{i} \, s_j \)
4 Rechenregeln für Kronecker-Delta
Bei Produkten mit den Indizes über die summiert wird, können Vereinfachungen vorgenommen werden. Diese Vereinfachungen kannst Du unter Beachtung folgender Rechenregeln vornehmen.
Indizes \( ij \) dürfen vertauscht werden:3\[ \delta_{ij} ~=~ \delta_{ji} \]
Begründung: Das Vertauschen beider Indizes - ganz egal ob sie gleich \( i = j \) oder ungleich \( i \neq j \) sind - spielt keine Rolle, wenn Du die Definition 1
des Kronecker-Delta benutzt! Denn nach der Definition gilt, wenn die Indizes gleich sind: \( \delta_{ij} = 1 = \delta_{ji} \) oder, wenn sie ungleich sind: \( \delta_{ij} = 0 = \delta_{ji} \). Kronecker-Delta ist symmetrisch!
Enthält das Produkt zweier oder mehrerer Kronecker-Deltas einen Summationsindex \( j \), dann lässt sich das Produkt zusammenfassen, wobei der Index \( j \) verschwindet:4\[ \delta_{ij} \, \delta_{jk} ~=~ \delta_{ik} \]
Begründung: Mal annehmen, die Indizes \( i \) und \( j \) sind gleich: \( i = j \) und die Indizes \( j \) und \( k \) sind ungleich: \( j \neq k \). Dann folgt aus dieser Gleichung und Ungleichung, dass auch \( i \) und \( k \) ungleich sein müssen: \( i \neq k \). Nach Definition 1
folgt dann für das Produkt zweier Deltas mit diesen Indizes: \( \delta_{ij} \, \delta_{jk} ~=~ 1 * 0 ~=~ 0 \). Du kannst aber genauso diese Gleichung kompakter schreiben: \( \delta_{ik} ~=~ 0 \), weil sie ja wegen \( i \neq k \) genauso Null ergibt.
Die beiden gleichwertigen Vereinfachungen lassen sich noch einmal zusammenfassen, weil bei \( \delta_{js} \, \delta_{si} \) über \(s\) und bei \( \delta_{jk} \, \delta_{ki}\) über \(k\) summiert wird. Als Vereinfachung bekommst Du in beiden Fällen: \( \delta_{ji} \). Welchen Weg der Vereinfachung Du also nimmst, ist egal!
Hat ein Faktor \( a_j \) den gleichen Index wie Kronecker-Delta \( \delta_{jk} \), dann verschwindet das Kronecker-Delta und der Faktor bekommt den anderen Index \( a_k \):5\[ a_j \, \delta_{jk} ~=~ a_k \]
Begründung: Das Produkt 5
ist nur dann nicht Null, wenn \( j = k \) ist. Eigentlich nichts Neues, denn diese Regel ist wie die Rechenregel #2. Diese Regel sagt Dir nur, dass Du mit Regel #2 nicht nur Kronecker-Deltas untereinander zusammenfassen kannst, sondern auch andere Ausdrücke, die in einem Produkt mit Kronecker-Delta stehen und einen gleichen Index tragen.
Für j ∈ {1,2,3,...,n} gilt:6\[ \delta_{jj} ~=~ n \]
Begründung: Nach der Summenkonvention 2
wird hier über j summiert: \( \delta_{jj} ~=~ \delta_{11} ~+~ \delta_{22} ~+~...~+~ \delta_{nn} ~=~ 1 + 1 +...+ 1 = n \)
Alarm! 3 Fehler, die Du nicht machen solltest
Wenn Du Summenkonvention und die obigen Rechenregeln benutzt, musst Du außerdem auf die richtige Notation achten: Summiert wird dann, wenn ein Index genau doppelt auftritt und zwar auf einer Seite der Gleichung.
Warum? Auf der rechten Seite der Gleichung 7
wird zwar über \( i \) summiert, auf der anderen Seite steht aber auch der Summationsindex - das ergibt keinen Sinn... Es dürfen in einer Gleichung einzelne Indizes (genannt: freie Indizes, z.B. das \( i \) bei \( v_i \)) einmalig auf jeder Seite der Gleichung auftauchen! Um 7
zu korrigieren, musst Du den Summationsindex z.B. in \( j \) umbenennen.
Warum? Weil der Summationsindex \( k \) auf beiden Seiten der Gleichung erscheint. Unzulässig!
Warum? Weil hier kein Summationsindex, sondern eine reine Zahl zusammengefasst wird, als wäre diese Zahl ein Summationsindex. Zahl "1" tritt zwar doppelt auf, ist aber kein variabler Index, über den Du summieren kannst. Deshalb darfst Du nicht nach der Summenkonvention derart zusammenfassen.
Skalarprodukt in Indexnotation
Die Komponenten \(x,y,z\) eines dreidimensionalen Vektors \(\boldsymbol{v}\) können in einer Orthonormalbasis folgendermaßen geschrieben werden: 10 \[ \boldsymbol{v} ~=~ \left( x,y,z \right) ~=~ \boldsymbol{\hat{e}}_x \, x ~+~ \boldsymbol{\hat{e}}_y \, y ~+~ \boldsymbol{\hat{e}}_z \, z \] hierbei sind \(\boldsymbol{\hat{e}}_x\), \(\boldsymbol{\hat{e}}_y\) und \(\boldsymbol{\hat{e}}_z\) zueinander orthogonale Einheitsvektoren, die in drei Raumrichtungen zeigen.
In der Indexnotation werden die Komponenten \(x,y,z\) nicht mit unterschiedlichen Buchstaben bezeichnet, sondern es wird ein Buchstabe gewählt, z.B. \(v\), und dieser dann durchnummeriert: 11 \[ \boldsymbol{v} ~=~ \left( v_1,v_2,v_3\right) ~=~ \boldsymbol{\hat{e}}_1 \, v_1 ~+~ \boldsymbol{\hat{e}}_2 \, v_2 ~+~ \boldsymbol{\hat{e}}_3 \, v_3 \]
Auf diese Weise gehen dir die Buchstaben für die Komponenten nicht aus, wenn du mal nicht einen dreidimensionalen, sondern elfdimensionalen Vektor betrachten möchtest. Doch viel entscheidender ist, dass du durch ein deratiges Nummerieren der Komponenten, über die Komponenten mit einem Summenzeichen summieren kannst. Zusammen mit der Summenkonvention kannst du dann die Summe in 11
viel kürzer schreiben: \[ \boldsymbol{v} ~=~ \left( v_1,v_2,v_3 \right) ~=~ \boldsymbol{\hat{e}}_j \, v_j \] hierbei wird, wie du weißt, über den Index \(j\) summiert. Ob du den Index \(j\), \(i\) oder \(k\) nennst, bleibt dir überlassen.
Betrachte das Skalarprodukt zweier dreidimensionaler Vektoren \( \boldsymbol{a} = (a_1, a_2, a_3) \) und \( \boldsymbol{b} = (b_1, b_2, b_3)\), bei dem Du die beiden Vektoren komponentenweise multiplizierst: \[ \boldsymbol{a} ~\cdot~ \boldsymbol{b} ~=~ a_1 \, b_1 ~+~ a_2 \, b_2 ~+~ a_3 \, b_3 \]
Diese Summe kannst Du kürzer schreiben, in dem Du über einen frei wählbaren Index, z.B. \( i \), summierst: \[ a_1 \, b_1 ~+~ a_2 \, b_2 ~+~ a_3 \, b_3 ~=~ \underset{i=1}{\overset{3}{\boxed{+}}} \, a_i \, b_i \]
Wenn Du noch die Summenkonvention ausnutzt, dann ist das dicke Summenzeichen auch weg: \[ \underset{i=1}{\overset{3}{\boxed{+}}} \, a_i \, b_i ~=~ a_i \, b_i \]
Orthonormierte Basisvektoren in Indexnotation
Zwei senkrecht aufeinander stehende Vektoren, \( \boldsymbol{\hat{e}}_{i} \) und \( \boldsymbol{\hat{e}}_{j} \), die den Betrag \( |\boldsymbol{\hat{e}}_{i}| ~=~ |\boldsymbol{\hat{e}}_{j}| ~=~ 1 \) haben, werden orthonormierte Basisvektoren genannt. Ihr Skalarprodukt ergibt entweder \( \boldsymbol{\hat{e}}_{i} ~\cdot~ \boldsymbol{\hat{e}}_{j} ~=~ 1 \), wenn \( i ~=~ j \) oder \( \boldsymbol{\hat{e}}_{i} ~\cdot~ \boldsymbol{\hat{e}}_{j} ~=~ 0 \), wenn \( i ~\ne~ j \).
Das Skalarprodukt von zwei orthonormierten Basisvektoren verhält sich also genau wie die Definition von Kronecker-Delta! Deshalb kannst Du die beiden obigen Fälle in einer Gleichung zusammenfassen: \[ \boldsymbol{\hat{e}}_{i} ~\cdot~ \boldsymbol{\hat{e}}_{j} ~=~ \delta_{ij} \]
Damit lässt sich das Skalarprodukt zweier beliebiger Vektoren mit Summenkonvention auch allgemein schreiben: \[ \boldsymbol{a} \cdot \boldsymbol{b} ~=~ a_i \, \boldsymbol{\hat{e}}_i ~\cdot~ b_j \, \boldsymbol{\hat{e}}_j ~=~ a_i \, b_j \, \left( \boldsymbol{\hat{e}}_i ~\cdot~ \boldsymbol{\hat{e}}_j \right) ~=~ a_i \, b_j \, \delta_{ij} \]
Jetzt hast Du nur ein normales Produkt, dessen Faktoren - ohne Bedenken - beliebig ausgeklammert und vertauscht werden dürfen. Zusammen mit dem Levi-Civita-Tensor, welches das Kreuzprodukt in ein normales Produkt umwandelt, sind die beiden echt stark!
Wie Du bereits gelernt hast, wird in \( a_i \, b_j \, \delta_{ij} \) über \( i \) und \( j \) summiert! Schreibe die Doppelsumme des dreidimensionalen Falls aus, d.h.: \( i, j ~\in~ \{ 1,2,3 \} \). Gehe also alle möglichen Kombinationen der Indizes durch und Du bekommst einen etwas langen Ausdruck: \[ a_i \, b_j \, \delta_{ij} ~=~ a_1 \, b_1 \, \delta_{11} ~+~ a_1 \, b_2 \, \delta_{12} ~+~ a_1 \, b_3 \, \delta_{13} ~+~ a_2 \, b_1 \, \delta_{21} ~+~ a_2 \, b_2 \, \delta_{22} ~+~ a_2 \, b_3 \, \delta_{23} ~+~ a_3 \, b_1 \, \delta_{31} ~+~ a_3 \, b_2 \, \delta_{32} ~+~ a_3 \, b_3 \, \delta_{33} \]
Wie Du siehst, - wegen der Definition von Kronecker-Delta - sind nur 3 Komponenten von insgesamt 9 ungleich Null, bei denen \( i \)=j ist. Du darfst also alle Summanden mit ungleichen Indizes weglassen. Zusammen mit der obigen 3.Regel hast Du: \[ a_i \, b_i ~=~ a_1 \, b_1 \, \delta_{11} ~+~ a_2 \, b_2 \, \delta_{22} ~+~ a_3 \, b_3 \, \delta_{33} \]
Mit der Definition von Kronecker-Delta, ist \( \delta_{11} ~=~ \delta_{22} ~=~ \delta_{33} ~=~ 1 \) und Du bekommst das Dir bekannte Skalarprodukt heraus: \[ a_i \, b_i ~=~ a_1 \, b_1 ~+~ a_2 \, b_2 ~+~ a_3 \, b_3 \]
Das Kronecker-Delta funktioniert!