Lorentzkraft: wie Ladung im Magnetfeld abgelenkt wird
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Video - Lorentzkraft in 6 Minuten einfach erklärt!
Video herunterladen EntsperrenLorentzkraft \( F \) ist eine Kraft, die ein Teilchen in einem elektromagnetischen Feld erfährt. Mathematisch ist Lorentzkraft die Summe aus elektrischer Kraft \( \class{gray}{F_{\text e}} \) und magnetischer Kraft \( \class{green}{F_{\text m}} \).
In dieser Lektion betrachten wir nur den Fall, bei dem die elektrische Kraft auf das Teilchen Null ist: \( \class{gray}{F_{\text e}} = 0 \). Das Teilchen befindet sich nur in einem magnetischen, aber NICHT elektrischen Feld.
Bewegt sich ein Teilchen (z.B. ein Elektron) mit der Ladung \(q\) und der Geschwindigkeit \(\class{blue}{v} \) durch ein Magnetfeld \( \class{violet}{B} \), dann erfährt es eine magnetische Kraft \(\class{green}{F_{\text m}}\) (Lorentzkraft).
Es können im Prinzip 3 Fälle eintreten, wie sich die Ladung bewegen kann. Die Ladung bewegt sich...
senkrecht zum Magnetfeld: \( \class{blue}{v} \) ⊥ \( \class{violet}{B} \)
parallel zum Magnetfeld: \( \class{blue}{v} \) || \( \class{violet}{B} \)
schräg zum Magnetfeld: \( \angle \left( \class{blue}{v},~\class{violet}{B} \right) \) (unter dem Winkel).
Ladung bewegt sich SENKRECHT zum Magnetfeld
Im Experiment stellt man fest, dass sowohl die Ladung, Geschwindigkeit als auch das Magnetfeld proportional zur Lorentzkraft sind. Daraus ergibt sich eine Gleichung, mit der wir konkret die Lorentzkraft, die auf ein Teilchen wirkt, berechnen können:
An der Formel kannst du drei wichtige Informationen ablesen. Damit Lorentzkraft \( \class{green}{F} \) auf ein Teilchen überhaupt entsteht, müssen folgende Eigenschaften erfüllt sein:
Das Teilchen muss sich bewegen - ansonsten wäre Geschwindigkeit \( \class{blue}{v} ~=~ 0\) und damit auch die Lorentzkraft:
Lorentzkraft - wenn Geschwindigkeit gleich NullAnker zu dieser Formel $$ \begin{align} \class{green}{F} ~=~ q ~\cdot~ \class{blue}{0} ~\cdot~ \class{violet}{B} ~=~ 0 \end{align} $$Das Teilchen muss elektrisch geladen sein - neutrale Teilchen (wie z.B. Neutronen) haben die Ladung \( q = 0\) und erfahren folglich keine Lorentzkraft:
Lorentzkraft auf neutrale TeilchenAnker zu dieser Formel $$ \begin{align} \class{green}{F} ~=~ 0 ~\cdot~ \class{blue}{v} ~\cdot~ \class{violet}{B} ~=~ 0 \end{align} $$Das Teilchen muss in einem Magnetfeld sein - wenn sich das Teilchen nicht durch ein Magnetfeld bewegt: \( \class{violet}{B} = 0 \), dann erfährt es keine Lorentzkraft:
Lorentzkraft - wenn Magnetfeld Null istAnker zu dieser Formel $$ \begin{align} \class{green}{F} ~=~ q ~\cdot~ \class{blue}{v} ~\cdot~ \class{violet}{0} ~=~ 0 \end{align} $$Lorentzkraft ist auch Null, wenn sich das Teilchen parallel zu Magnetfeldlinien bewegt. Aber dazu später mehr.
Die Ursache der Lorentzkraft ist eine bewegte Ladung im Magnetfeld.
Richtung der Lorentzkraft bestimmen
Wenn sich eine positive Ladung durch ein homogenes Magnetfeld bewegt, das senkrecht zur Bewegungsrichtung ist (siehe Illustration 1), dann wird die positive Ladung im Magnetfeld nach oben abgelenkt. Lorentzkraft wirkt nach oben auf das Teilchen.
Wenn sich eine negative Ladung durch ein homogenes Magnetfeld bewegt, das senkrecht zur Bewegungsrichtung ist (siehe Illustration 2), dann wird die negative Ladung im Magnetfeld nach unten abgelenkt. Lorentzkraft wirkt nach unten auf das Teilchen.
Wie bestimmen wir die Richtung der Lorentzkraft?
Oder anders gesagt: Woher weiß ich, dass die Ladung nach unten oder nach oben abgelenkt wird? Dazu benutzt du die sogenannte Drei-Finger-Regel. In der Lektion zur Drei-Finger-Regel haben wir das ausführlich besprochen. Hier ist eine kurze Wiederholung.
Für positive Ladungen benutzt du die rechte Hand. Für negative Ladungen benutzt du die linke Hand.
Daumen - zeigt in Richtung der Bewegung der Ladung, also in Richtung der Geschwindigkeit \( \class{blue}{v} \).
Zeigefinger - zeigt in Richtung des Magnetfelds \( \class{violet}{B} \) (zum Südpol des Magneten)
Mittelfinger - zeigt dir die Richtung der Ablenkung, also Lorentzkraft-Richtung \( \class{green}{F_{\text m}} \), wenn du deine Finger richtig ausgerichtet hast (so wie in der Illustration 3 bzw. 4 gezeigt).
Die elektrische Ladung wird aber nicht einfach nach unten oder nach oben abgelenkt, sondern es passiert noch etwas ganz anderes - vorausgesetzt wir geben der Ladung ausreichend Platz im Magnetfeld.
Da die Lorentzkraft \( \class{green}{F_{\text m}} \) stets senkrecht zur Geschwindigkeit \( \class{blue}{v} \) ist (das gibt uns die Natur vor), wird die Ladung auf eine Kreisbahn gezwungen!
Weißt du welche Kraft dafür verantwortlich ist, dass ein Teilchen auf einer Kreisbahn gehalten wird? Die Zentripetalkraft \( F_{\text z} \)!
Hierbei ist \( \class{brown}{m} \) die Masse des Teilchens und \(r\) der Radius der Kreisbahn. In diesem Fall übernimmt die Lorentzkraft die Aufgabe der Zentripetalkraft. Anders gesagt: Lorentzkraft IST hier gleichzeitig die Zentripetalkraft.
Die qvB-Formel 2
für Lorentzkraft allein bringt uns wenig, weil es nicht einfach ist die Geschwindigkeit \( \class{blue}{v} \) der Ladung experimentell zu bestimmen. Mit der Zentripetalkraft wird diese Aufgabe aber deutlich einfacher, weil wir damit eine Formel für die Geschwindigkeit aufstellen können.
Setze dazu die Lorentzkraft-Formel mit der Zentripetalkraft-Formel 6
gleich:
Die Geschwindigkeit \( \class{blue}{v} \) darfst du einmal auf beiden Seiten kürzen, sodass sie auf der linken Seite wegfällt:
Bringe den Radius \(r\) auf die andere Seite (multipliziere dazu beide Seiten mit \(r\)) und bringe Masse \( m \) auf die andere Seite (dividiere dazu beide Seiten durch \( \class{brown}{m} \)), dann bekommst du eine Formel für die Geschwindigkeit \( \class{blue}{v} \):
Natürlich kannst du auch durch das Gleichsetzen der Zentripetalkraft und Lorentzkraft, den Radius der Kreisbahn berechnen:
An der Formel 10
kannst zwei interessante Informationen ablesen:
Je größer die Geschwindigkeit \( \class{blue}{v} \) und die Masse \( \class{brown}{m} \) des Teilchens, desto größer ist der durchflogene Kreis.
Je größer das externe Magnetfeld \( \class{violet}{B} \) und die elektrische Ladung \( q \) des Teilchens, desto kleiner ist der durchflogene Kreis.
Eine weitere interessante Frage, die wir uns stellen können, ist:
Wie viel Zeit braucht das Teilchen, um genau EINE Umrundung zu machen?
Die Zeit, die das Teilchen braucht, um genau eine Umdrehung zu machen, ist die Periodendauer \( T \).
Die Strecke, die das Teilchen innerhalb dieser Zeit zurücklegt, ist der Umfang \( U = 2\,\pi\,r \) des Kreises. Strecke \(U\) PRO Zeit \( T \) entspricht genau der Geschwindigkeit \( \class{blue}{v}\):
Setze nur noch die Geschwindigkeit aus 9
in 11
ein und stelle die Gleichung nach der Periodendauer \( T \) um:
Hierbei haben wir den Betrag \( | q | \) der Ladung genommen (also ohne Vorzeichen), damit wir nicht in Versuchung geraten eine negative Ladung einzusetzen. Dann würden wir nämlich eine negative Zeit bekommen, was wenig Sinn ergibt.
Von hier aus können wir leicht die Frequenz \( f \) berechnen, mit der das Teilchen kreist. Die Frequenz gibt die Anzahl der Umrundungen pro Sekunde an und ist der Kehrwert der Periodendauer \( T \): \( f = \frac{1}{T} \). Vertausche dazu den Nenner mit dem Zähler auf beiden Seiten von Gl. 12
und du bekommst die Frequenz:
Die Frequenz einer kreisenden Ladung im Magnetfeld wird auch Zyklotronfrequenz geannnt. In den meisten Fällen wird die Zyklotronfrequenz nicht mit der Frequenz \( f \) angegeben, sondern mit der sogenannten Kreisfrequenz \( \omega \) ("Omega"). Sie ist definiert als \( \omega = 2\pi \, f \). Bringe also in Gl. 13
den Faktor \( 2 \pi \) auf die andere Seite und du bekommst:
Ladung bewegt sich UNTER EINEM WINKEL zum Magnetfeld
Es kann natürlich sein, dass die Ladung sich NICHT perfekt senkrecht zu den magnetischen Feldlinien bewegt. Damit ist der Winkel, nennen wir diesen \( \alpha\), zwischen der Geschwindigkeit \( \class{blue}{v} \) und dem Magnetfeld \( \class{violet}{B} \) nicht 90 Grad.
Um das zu berücksichtigen, müssen wir die qvB-Formel mit dem Sinus des Winkels multiplizieren (warum das so ist, lernst du, wenn du dich mit Vektoren und Kreuzprodukten auskennst):
Die Geschwindigkeit \( \class{blue}{v} \), die schräg zum Magnetfeld \( \class{violet}{B} \) verläuft, kannst du stets in einen parallelen \( \class{blue}{v_{||}} \) und einen senkrechten \( \class{blue}{v_{\perp}} \) Anteil zum Magnetfeld zerlegen.
Der parallele Anteil der Geschwindigkeit (siehe Illustration 8) hat, im Gegensatz zum senkrechte Anteil, keinen Einfluss auf die Lorentzkraft und damit ist dieser Teil nicht verantwortlich für die Ablenkung des Elektrons im Magnetfeld. Senkrechter Anteil \( \class{blue}{v_{\perp}} \) schließt mit dem Magnetfeld \( \class{violet}{B} \) einen Winkel von 0 Grad ein, weshalb die Kraft für diesen Anteil verschwindet (wegen \( \sin(0^{\circ}) ~=~ 0 \)).
Durch eine teilweise Bewegung parallel und eine teilweise Bewegung senkrecht zum Magnetfeld, entsteht eine zylindrische Spiralbahn, eine sogenannte Helix. Ihre Achse ist parallel zum Magnetfeld. Sie besitzt einen Radius \(r\) und Ganghöhe \(h\). Wobei Ganghöhe einfach eine Strecke parallel zum Magnetfeld ist, die innerhalb einer Periodendauer \(T\) zurückgelegt wird.
Ladung bewegt sich PARALLEL zum Magnetfeld
Wenn sich die Ladung genau parallel zum Magnetfeld bewegt, beträgt der Winkel \( \alpha = 0 \). Dann ist \( \sin(0) = 0 \), weshalb keine Lorentzkraft auf die Ladung wirkt.
Wir können also festhalten, dass Ladungen, die sich parallel zum Magnetfeld bewegen, NICHT abgelenkt werden!
In der nächsten Lektion schauen wir das Fadenstrahlrohr-Experiment an, mit dem wir die Elektronenkreisbahn sichtbar machen können.